Aus Zwei mach Eins. Nicht so einfach, wie es klingt ...

Die ehemals eigenständigen Dekanatsbezirke Bayreuth und Bad Berneck sind seit dem 01.02.2017 der neue Dekanatsbezirk Bayreuth-Bad Berneck

Seither wurde das Modell unseres Zusammengehens immer wieder diskutiert, teils als „vorbildlich“ dargestellt, teils mit Befürchtungen gesehen ("Müssen denn jetzt alle kleinen Dekanatsbezirke fusionieren?").

Wie kam es dazu?

Im Sommer 2016 wurde der Gedanke geboren, dass die beiden ungleichen Dekanatsbezirke Bayreuth (rund 72.000 Gemeindeglieder) und Bad Berneck (rund 12.500 Gemeindeglieder) zusammen einen neuen Dekanatsbezirk gründen könnten. Im Februar 2017 wurde dieser Schritt bereits vollzogen. Wie konnte das so schnell und scheinbar reibungsarm gehen?

Bayreuth und Bad Berneck haben mancherlei Berührungsflächen. „Die Bernecker“ pendeln nach Bayreuth, viele haben dort ihren Arbeitsplatz und größere Einkäufe werden dort erledigt. Bayreuth ist Regierungssitz und Festspielstadt, sowie Sitz der Regionalbischöfin, vieles auf Seite der Kirche (Hochschule für Kirchenmusik, Diakonie mit vielfältigen Angeboten – der drittgrößte Arbeitergeber in der Stadt) ist in den Jahren dazugekommen. Aufgrund der Größe des ehemaligen Dekanatsbezirkes Bayreuth mit seinen vielfältigen und umfangreichen Leitungsaufgaben war es eigentlich überhaupt nicht möglich, als Leitungsperson seine Arbeit „gut, gerne und wohlbehalten“ erledigen zu können. Zumal eine große Zahl von Repräsentationsaufgaben und Sitzen in Kuratorien viel Zeit in Anspruch nahmen und nehmen. Im Prozess der Neugründung sollte dies noch von Bedeutung sein.

Kooperiert wurde bisher bereits im Bereich des Bildungswerkes und der Jugendarbeit. Zwei Bereiche, die auch sofort nach der Vereinigung miteinander gearbeitet und ihre Wege gefunden haben.

Die Last der Dekane war sehr ungleich verteilt. Rund 30 Gemeinden im Dekanatsbezirk Bayreuth, dazu eine Vielzahl von Einrichtungen. Diese Arbeit konnte dauerhaft nicht mehr bewältigt werden. Bad Berneck, ein Dekanat mit 9 Kirchengemeinden und einem überschaubaren Einrichtungsanteil - ein typisch fränkisches Kleindekanat. Auch arbeitsintensiv, da viele gute Kontakte zu allen Stellen im DB da sind (small is beautiful).

Sofort hat eingeleuchtet, dass es weiterhin zwei Dekane geben sollte, die sich die Aufgaben teilen. Das war nötig, denn auf der einen Seite gab es eine extreme Überlastung der Leitungsperson „Dekan Bayreuth“, auf der anderen Seite waren Personalausfälle und Vakanzen im DB Bad Berneck, mit einem geringen Personalanteil, kaum mehr zu schultern. Beauftragungen wurden ohnehin nur noch in Auswahl ausgeübt.

Für uns zeigte und zeigt sich im ganzen Prozess: es gibt Formate die zu klein und Formate, die zu groß sind. Hier sind gute Überlegungen notwendig, um Lasten und Aufgaben gut und gerecht zu verteilen. Manche Formate sind so groß, dass sie unüberschaubar, anonym und schwer leitbar sind.

Der neue Dekan der Region Süd war vorher Dekan in einem überschaubaren mittelfränkischen Dekanatsbezirk und kann daher gute Vergleiche ziehen.

Das Problem am Vereinigungsprozess: er wurde „top-down“ eingefädelt. Anfangs fühlten sich manche nicht mitgenommen. Das hat sich allmählich geändert, als klar wurde: der Zusammenschluss ist nicht nur wünschenswert. Er ermöglicht mehr als vorher sehr viele Formen des Miteinandergestaltens. Vielfältige Gestaltungsräume, auch hinsichtlich des PuK-Prozesses, eröffnen sich.

Nach einer Frist, bei der alle Kirchengemeinden ihre Bedenken äußern konnten, hat der Landeskirchenrat, im Einvernehmen mit dem Landessynodalausschuss, den neuen Dekanatsbezirk aus der Taufe gehoben.

Worüber haben wir uns Gedanken gemacht?

Bei diesem Vordenken hat uns die Gemeindeakademie begleitet. Wir sind sehr dankbar dafür, denn ohne die GA mit Armin Felten und Veronika Zieske wäre es nur schwer gelungen.

Ein Koordinationsteam wurde installiert, bestehend aus dem (verbliebenen) Dekan und stellv. Dekanen, sowie den beiden Präsiden der Dekanatssynode. Diese Gruppe hat keinerlei Entscheidungen getroffen, aber Prozesse initiiert, Fragen gestellt und mit anderen nach Lösungen gesucht.

Ergebnisse waren:

  • Es soll ein Dekanat mit zwei Büros und zwei Dekanen geben. Dabei müssen sich alle eng absprechen und miteinander kommunizieren.
  • Es soll niemand während des Prozesses verlorengehen.
  • Die Aufgaben der Dekane sollen aufgeteilt werden. Das war, trotz seiner Komplexität, ein recht einfacher Prozess, der sicherlich auch deshalb einfacher wurde, dass einer der beiden Dekane die Stelle wechselte und damit ohnehin eine neue Person ins Spiel kam.
  • Heute begleitet der Dekan Region Süd 23 Kirchengemeinden in 19 Pfarreien, er ist Vorsitzender der GKV Bayreuth, hat die Dienstaufsicht im KGA und ist für ganzen Verwaltungsapparat verantwortlich. Er kümmert sich um den Seelsorgebereich, die vielen Stiftungen in Bayreuth, den Bereich der Kirchenmusik und die Organisation für Dekanatssynode und Dekanatsausschuss.
    Der Dekan Region Nord ist zuständig für 17 Kirchengemeinden in 14 Pfarreien. Ihm obliegt der gesamte Bereich der Diakonie, also der Verwaltungsratsvorsitz in zwei Diakonischen Werken und einer Zentralen Diakoniestation. Auch er ist Mitglied und Vorstand in diversen Stiftungen. Zudem ist der Bereich „Schule“ mit dem Schulreferenten und einer kirchlichen Schule im Norden angesiedelt. Die Jugendarbeit, die gesamte Bildungsarbeit und das Bindeglied zu den KITAs sind ebenfalls bei der Nordstelle verankert.
    Um es vorwegzunehmen: Entfernungen sind überhaupt kein Problem bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben. Bad Berneck liegt nicht zentral im DB, das stellt aber kein Problem dar, da viele Aufgaben per Mail und Telefon erledigt werden können.

Im Lauf des Prozesses wurde deutlich, dass sehr unterschiedliche Kulturen aufeinanderstießen. Im kleineren Bad Berneck waren alle Kirchengemeinden mit mindestens einer Person im Dekanatsausschuss vertreten. Das war, schon aufgrund der Größe, in Bayreuth nicht möglich. Wie sollte man nun damit umgehen? Klar war, dass keiner Nachteile haben soll. So treffen wir uns seit Frühjahr 2017 im DA mit ca. 40 Personen, in der Dekanatssynode mit ca. 130. Das wird sich ändern, denn für die neue Legislaturperiode hat sich der Dekanatsbezirk eine Satzung gegeben.

Wichtig waren aber die inhaltlichen Prozesse. Hier kam die ausgeprägte inhaltliche Arbeit des kleineren Dekanatsbezirks dem gesamten neuen Dekanatsbezirk zugute. In Bad Berneck war es aufgrund der Überschaubarkeit immer leichter und einfacher, miteinander zu reden und Vereinbarungen zu treffen. Dies war in Bayreuth nicht immer und vor allem nicht in der Fläche so möglich. Es galt Wege zu finden, um dies auch im größeren Bereich zu installieren. Entstanden sind ein Facebookauftritt zur Grundinfo, eine neue gemeinsame Homepage und eine vierteljährlich erscheinende Kolumne der beiden Dekane in allen Gemeindebriefen. Hiermit soll sichergestellt werden, dass alle rechtzeitig mit den wesentlichen Veränderungen vertraut gemacht werden. Interessant war der Prozess zur Logogestaltung. Ein neues Dekanat braucht ein gemeinsames Logo. Es sollte nicht gegenständlich sein. Heraus kam ein Logo, das in vier Teilen dennoch wieder ein Kreuz ergibt. Die vier Flächen aber stehen nicht nur für den Dekanatsbezirk in seinem Gebiet. Sie stehen vor allem für die vier christlichen Grundeigenschaften: Diakonie, Leiturgia, Koinonia und Martyria.

Wie organisieren wir Pfarrkonferenzen? Wenn alle Pfarrer*innen da sind, dann sind wir 65 Personen. Dazu gibt es noch weitere Hauptamtliche. Dass Emeriti ihre eigenen Treffen halten, wurde, schon wegen der großen Anzahl unserer Ruheständler*innen als glücklicher Umstand empfunden. Wir treffen uns nur einmal im Jahr mit den Emeriti zusammen zu einer gemeinsamen Abendmahlsfeier und vorweihnachtlichem Beisammensein. Mehr ist einfach nicht möglich. Nach einem längeren Diskussionsprozess halten wir nun Gesamtkonferenzen (für alle) und nach Regionen getrennte Konferenzen. Zusätzlich gibt es noch zwei Nachbarschaftliche Konferenzen, um sehr dezentrale Absprachen treffen zu können. Das hat sich alles gut entwickelt und wir sind mit diesem ausdifferenzierten System sehr glücklich.

Eine Entscheidung, die sich auch im Nachhinein als wichtig und richtig erweist,  war, in den beiden Regionen Nord und Süd auch jeweils einen Dekansstellvertreter, einen Senior und Seniorstellvertreter zu installieren. Das klingt zunächst nach sehr vielen Personen. Es müssen jedoch auch sehr viele Arbeitsaufgaben bewältigt und zahlreiche Termine wahrgenommen werden.

Wesentlich wichtiger aber ist der Austausch zu den Themen der Dekanatsentwicklung und der Bewältigung von Fragen, Anfragen und Problemstellungen. Bei diesen Treffen der „Gesamtleitungsrunde“ herrscht eine sehr große Offenheit, so dass sie für uns besonders wertvoll sind. Die Leitungsrunde ist eine Art „think-tank“. Keine Angst, die Leitungsrunde entscheidet nicht alles, nur das, wozu sie auch gebraucht wird. Auch der DA hat sich zu einem think-tank entwickelt, eine Idee, die das kleine Dekanat Bad Berneck dem großen Dekanat Bayreuth schenken konnte.

Problemanzeigen

Wie in allen Bereichen der Kirche werden auch bei uns Herausforderungen sichtbar.

  • Die Leitungsspanne der beiden Dekane wurde addiert und neu zugeordnet. Dabei kam heraus, dass der Dekan im Süden 81% Leitungsanteil hat. Faktisch aber ist die Leitung im Süden eine 100% Dekansstelle. Im Norden wurden aus 40% Leitungsanteil 59% Leitungsanteil. Faktisch ist der Leitungsanteil bei mindestens 80%. Gut sind Dekane dann, wenn Sie sich für die übergemeindliche Arbeit Zeit nehmen können. Dabei meinen wir gar nicht die Anwesenheit bei manchen auch fragwürdigen öffentlichen Veranstaltungen. Wir meinen vielmehr die Gestaltungszeit, die Zeit zur Reflexion und die Zeit, Neues anzudenken. Denn man kann es drehen und wenden, wie man will: Es braucht Menschen, die Impulse geben und auch welche, die diesen Impulsen Leben geben. Irgendwie sind Dekane in beiden Rollen immer dabei. Dafür braucht es Zeit.
  • Öffentlichkeitsarbeit: Die neuen Wege müssen eingespurt werden. Dies wird im Dekanatsbezirk nach eineinhalb Jahren allmählich verstanden. Die Dinge landen mittlerweile an der richtigen Stelle. Bei Post aus dem Landeskirchenamt haben wir leider immer noch viele Irrläufer. Das gilt auch für andere Einrichtungen der Landeskirche. Post an den „Dekanatsbezirk Bayreuth“ oder an den „Dekanatsbezirk Bad Berneck“ kommt fast täglich. Der neue Name muss sich erst noch herumsprechen.
  • Ab 2019 werden sich unsere Dekanatssynode und der Dekanatsausschuss verkleinern. Das ist dringend nötig, um wieder „schlankere“ Entscheidungswege zu haben. Damit ist die Herausforderung verbunden, dennoch alle mitzunehmen.

Erfolge

  • Die Arbeitsbelastung der Leitungspersonen hat sich nicht verringert, eher das Gegenteil. Aber die Zuständigkeiten sind klar. Jeder der beiden Dekane kann sich in seinen Arbeitsbereichen intensiver einbringen und ist präsenter als vorher.
  • Überfällige Prozesse konnten angegangen werden,  z. B. eine Neuordnung des ebw mit dem Zusammenschluss zum Bildungswerk Oberfranken Mitte (Bayreuth-Bad Berneck, Kulmbach, Pegnitz, Thurnau).
  • Der kleinere Partner (Bad Berneck) hat seine Dekansstelle aufgewertet und gesichert.
  • Vertretungs- und Vakanzfälle können durch eine höhere Anzahl an Pfarrerinnen und Pfarrern, gerade im ländlichen Bad Bernecker Gebiet, besser gelöst werden.
  • Im „zu großen“ ehemaligen Dekanatsbezirk Bayreuth wurde der Dekan von Leitungsaufgaben entlastet, so dass ein „menschliches Arbeits-Maß“ möglich geworden ist.

Fazit:
Alles in allem würden wir diesen Schritt wieder tun. Wir würden ihn aber anders einfädeln. Unser Glück war, dass fast alle die Vorteile dieses Schrittes gesehen haben und es keine Verlierer gab. Das ist vermutlich das Rezept des Erfolges gewesen.

Thomas Guba und Jürgen Hacker, Dekane im Dekanatsbezirk Bayreuth-Bad Berneck