Gebete und Psalmen

Herr,
ich warte auf dich,

dass du meine Grübeleien auflöst,
die mich nachts heimsuchen,

dass du meine Einsamkeit teilst,
wenn ich mich wie in einem Gefängnis fühle,

dass du meine Erschöpfung verstehst,
die mich immer wieder umwirft,

dass du mein Selbstmitleid heilst,
wenn ich mich zurückziehe und an mir leide,

dass du mir meine Sorgen abnimmst,
mit denen ich mir den Kopf zerbreche,

dass du mir sagst,
was ich falsch mache,

dass du mir hilfst,
mein Leben neu zu ordnen.

Amen

Reinhold Ruthe

 

Psalm einer Arbeitslosen

Erhöre mich, wenn ich rufe,
Gott meiner Gerechtigkeit,
der du mich tröstest in Angst,
sei mir gnädig und erhöre mein Gebet.

Viele sagen von mir:
die ist bloß faul. Wer richtig Arbeit sucht, der findet auch welche.
Viele denken von mir:
Die ist nichts wert, die lebt nur auf unsere Kosten.
Viele sagen von mir:
die ist nur arbeitsscheu. Die ist selber Schuld an ihrer Misere.
Viele sagen zu meinen Freunden:
Geh bloß weg von der, die zieht euch nur mit runter.
Viele sagen zu meinen Kindern:
Ihr könnt nicht mithalten. Mit euch wollen wir nichts zu tun haben.

 

Aber ich bin unschuldig. Bedenkt die Vorurteile.
Helft mir und grenzt mich nicht länger aus.
Brecht meine Resignation auf.

Ich vertraue auf dich, Gott,
der die Armen nicht für immer vergisst
und die Hoffnung der Elenden nicht verloren sein lässt.
Amen

 

 

In deine Hände lege ich mein Leben

In deine Hände lege ich
Meine unruhigen Gedanken
Meine wirren Gefühle
Mein Leben

In deinen Schoß lege ich
Meinen müden Kopf
Die Früchte meines Tuns
Meine Sorgen

Unter deinen Mantel lege ich
Meinen schutzlosen Leib
Meine verwundete Seele
Meinen angefochtenen Geist

In deine Hände lege ich
Meine Freunde
Meine Feinde
Mein Leben

(Anton Rotzetter)

 

 

Zwei Morgengebete

Lieber Gott, ich habe so große Sorgen !
Oder:
Liebe Sorgen, ich habe einen so großen Gott !

 

Wie ein Deich (Psalm 3)

Wenn ich morgens aufstehe
Und mich im Spiegel betrachte,
dann habe ich oft Angst:
Was werde ich am Tag erleben,
und gegen wen muss ich mich wieder einmal wehren?
Manche werden heimlich denken oder laut sagen:
Guck doch! Da hilft auch nicht der liebe Gott.
Dabei weiß ich ganz genau,
dass du, mein lieber Gott,
wie ein Deich für mich bist.
Du stärkst mir immer wieder den Rücken
Und sagst zu mir: Kopf hoch, mein Kind!
Wenn ich mit dir rede,
dann spüre ich auch, dass du mich hörst.
Ob ich döse, faulenze, unterwegs bin,
nach Arbeit suche, lache oder weine:
Du hälst mich fest.
Jetzt habe ich auch keine Angst mehr.
Manchmal wünschte ich mir,
dass du den Bösen eine richtige Tracht Prügel verpasst.
Jedenfalls weiß ich:
Bei dir bin ich behütet.
Das müssten alle Menschen erkennen.

(Peter Spangenberg, Höre meine Stimme, Die Psalmen übertragen in die Sprache unsere Zeit)

 

Ich habe so viel geweint (Psalm 6)

Du,
lieber Gott und Vater,
ich fühle mich ziemlich elend und klein
und habe fast Angst vor dir,
weil ich fürchte, du könntest mir böse sein
und mich bestrafen.
Ich habe so viele Schwächen,
ich mache so viele Fehler,
dann kriege ich vor mir selber einen Schreck
bis auf die Knochen.
Komm ganz dicht zu mir,
lieber Gott.
Du,
mein Vater,
ich bin unheimlich müde innen drin,
ich habe so viel geweint,
nachts habe ich mich stundenlang gewälzt,
mein Kopfkissen war durch und durch nass.
Rote Augen habe ich davon bekommen
Und meine,
dass die ganze Welt gegen mich ist.
Mach, dass du wegkommst, du Angst.
Macht, dass ihr wegkommt, Kummer und Schwäche.
Denn Gott hört mich
und versteht mich.
Das weiß ich genau.

(Peter Stangenberg)

 

Ich habe eine große Bitte (Psalm 10)

Oft denke ich,
du bist so weit weg, und ich kann dich
gar nicht erreichen, lieber Gott.
Es gibt so viel böse Leute in der Welt:
-          Menschen, die sich austüfteln, wie sie anderen schaden können
-          Menschen, die sich noch aufspielen, wenn sie Böses getan haben
-          Menschen, die einfach sagen: Gott? Ach, den gibt’s gar nicht
-          Menschen, die sich gar nicht um dich kümmern und weitermachen wie bisher;
-          Menschen, die fluchen und nie zufrieden sind und lauter Unheil stiften
-          Menschen, die lügen und betrügen und mit dem, was sie sagen, lauter Unheil anrichten
-          Menschen, die anderen auflauern, um sie fertigzumachen
-          Menschen, die heimtückisch andere überfallen
-          Menschen, die meinen, du siehst das alles nicht.
Lieber Gott und Vater,
ich habe eine große Bitte:
Sag all diesen Menschen: Halt! Keinen Schritt weiter!
Du bist doch der Anwalt der Schwachen;
Sie erwarten das von dir.
Ja, du allein hast die Macht!
Die kleinen Leute und die schwachen Menschen,
die Hungrigen, die Ängstlichen, die Winzigen,
die Alleingelassenen breiten ihre Hoffnung vor dir aus:
Komm, hilf!,
dass die Menschen nicht mehr gegen dich sind.

(Peter Stangenberg)

 

Was können mir denn schon Menschen tun ? (Psalm 56)

Lieber Gott,
nimm mich in den Arm,
ich habe den Eindruck,
ganz viele Menschen sind gegen mich.
Manchmal ist das auch ganz offen,
dass sie gegen mich kämpfen.
Mit allen meinen Sorgen flüchte ich zu dir.
Ich bin bei dir so gut aufgehoben
und fühle mich geborgen.
Was können mir Menschen tun?
Trotzdem: Die andern stellen mich in Frage,
sie kritteln an mir herum,
sie nehmen mich nicht ernst.
Sie bilden Gruppen und Cliquen,
bei denen ich draußen vor bleibe.
Oft bin ich so wütend,
dass ich ihnen Zecken an den Hals wünsche.
Ich schäme mich. Ich heule.
Ob du meine Tränen zählst?
Doch, ich glaube, du zählst sie.
Du bist doch mein lieber Gott.
Was du sagst, will ich in Ehren halten.
Was können mir dann schon Menschen tun?
Ich habe dir versprochen, dass ich dankbar sein will.
Das will ich auch;
Denn du machst mich immer wieder stark
und zeigst mir jedes Mal einen neuen Weg,
den ich beschreiten kann.

(Peter Spangenberg)