Ehemaliges Dekanat Bad Berneck

Eine Bestandsaufnahme zum
200. Gründungsjubiläum im Jahr 2010

I. Der Beginn
Am 7. Dezember 1810 schlug die Geburtsstunde des bayerischen Dekanats Berneck  mit den bis dahin zu Kulmbach gehörenden Pfarreien Berneck, Bischofsgrün, Gefrees, Goldkronach, Himmelkron, Lanzendorf, Nemmersdorf, Streitau und Wirsberg und der bis dahin zu Münchberg gehörigen Pfarrei Stammbach. Abgetrennt wurde am 2. November 1814 Stammbach zu  Münchberg  und am 5. September 1874 Wirsberg zu Kulmbach.   Der Bernecker  Pfarrer Georg Leonhardt  Arndt, ein Sattlerssohn aus Neustadt/Aisch, wurde der erste Dekan. Er führte die Konfirmation ein, leitete den Neubau der Kirche und des Schulhauses.
Aus welchem Grunde entstand nun dieses Dekanat und in welchen historischen Geschehnissen war dies alles eingebettet ?

 Ein kurzer Rückblick auf die Territorialgeschichte:

Nachdem der letzte Bayreuther Markgraf Friedrich Christian 1769 verstorben war und in der Himmelkroner Stiftskirche („Fürstengruft“) beigesetzt wurde, übernahm in einer Art Doppelregierung der Ansbacher Markgraf  Karl Alexander (1769-1791) die Markgrafschaft Bayreuth. Nach dessen Abdankung im Jahre 1791 kamen die beiden Gebiete an Preußen und damit an das alte hohenzollerische Stammland.
Reformfreudige preußische Beamte, wie Freiherr Karl August von Hardenberg und Alexander von Humboldt folgten. Infolge der militärischen Niederlage  Preußens gegen die Franzosen 1806 bei Jena-Auerstedt wurde die ehemalige Markgrafschaft Bayreuth zum „Pay reservé“,  und somit zur  Verfügungsmasse  von Napoleon. Nach langen Verhandlungen erfolgte ein Verkauf zum Preis von 15 Millionen Franc an Bayern und am 30. Juni 1810 erfolgte schließlich die Einverleibung in das Königreich.

.....und auf die Konfessionsgeschichte:

1809 erhielten die drei Konfessionen einen öffentlich-rechtlichen Status. Ursache dafür war die aufgeklärte Toleranzpolitik des seit 1799 regierenden Kurfürsten Maximilian IV. Josef, seit 1806 König Maximilian I. Josef und seines Ministers Maximilian Joseph Freiherr, seit 1809, Graf von Montgelas. In diesem Jahr entstand auch das Generalkonsistorium, allerdings als Sektion des Innenministeriums, ferner die nachgeordneten Generaldekanate (Ansbach, Bayreuth, Regensburg und München – welche am 1. November 1810 ihr Arbeit aufnahmen)  und als kirchliche Neugliederung auf unterer Ebene am 7. Dezember 1810  die 55 Dekanatsbezirke. Der Bayreuther Konsistorialrat und Hauptprediger Lorenz Kraußold schrieb  im Jahre 1860 in seiner „Geschichte der evangelischen Kirche im ehemaligen Fürstentum Bayreuth“: „ Mit dem Jahr 1810 trat eine totale Veränderung des kirchlichen Wesens in unserem Landestheile ein“.  Dies war eine treffenden Aussage,  zumal denn  auch insgesamt die Politik, die Wirtschaft, das Geistesleben, die konfessionellen Lebensformen und vor allem die Beziehungen von Staat und Kirche an einer Wende standen. Die protestantische Kirche im Königreich Bayern entstand erst langsam. Wie schwer diese Zeiten waren, zeigen Probleme beim der Herausgabe des ersten bayerischen Gesangbuches oder das  umstrittene Verbot von Bibelstunden in den Gemeinden. Umgekehrt  gab es nach wie vor gut besuchte Gottesdienste und eine Pfarrerunterstützungskasse (seit 1812) ermöglichte eine Altersversorgung für die Geistlichen. Erst das Protestantenedikt vom 22.7.1818 schuf mehr Sicherheit.
Zur Orientierung hier einige statistische Zahlen: Einwohner im Königreich (um 1816): 3.160.000, davon 2.355.000 Katholiken, 752.000 Protestanten und 53.000 Juden. 774 evangelische Pfarreien wurden von 911 Geistlichen betreut.
Bayreuth hatte etwa 10.000 Einwohner und Berneck registrierte etwa 1000 Seelen. Zwischen 1810 und 1820 verfiel der Grund- und Bodenpreis. Von der katastrophalen Hungersnot von 1816 zeugt noch heute ein „Hungerkästchen“ in der Stiftskirche Himmelkron. Es kam zu ersten Auswanderungen nach Nordamerika, insbesondere auch aus dem noch jungen Dekanatsbezirk.

Reinhard Stelzner

 

Dekan Thomas Guba über den ehemaligen Dekanatsbezirk Bad Berneck

Der Dekanatsbezirk Bad Berneck rankt sich um die "alte" Kurstadt Bad Berneck im Fichtelgebirge bis hin zum Ochsenkopf im Osten und Teilen des Kulmbacher Landes im Westen. Mit seinen fast 13.000 Evangelischen in den neun Gemeinden Bad Berneck, Bischofsgrün, Gefrees, Goldkronach, Himmelkron, Lanzendorf, Marktschorgast, Nemmersdorf und Streitau ist er überschaubar und doch zugleich vielfältig geprägt. Traditionelle Land- und Kleinstadtgemeinden finden sich neben zwei Kurorten genauso wie das Diakoniedorf Himmelkron mit seiner herrlichen Stiftskirche. Kulturelle Kraft geht vom nahen Bayreuth und auch von Kulmbach aus. Der Anteil der Evangelischen auf dem Gebiet von 159 Quadratkilometern beträgt insgesamt 66 Prozent. Dabei gibt es in allen Gemeinden ein überaus fruchtbares ökumenisches Miteinander.

Großer Beliebtheit erfreuen sich die bis zu 40 Gottesdienste, die im Laufe der Sommermonate im Grünen und an besonderen Orten gefeiert werden. Dabei kommt die ganze Strahlkraft unserer volkskirchlichen Gemeinden zum Tragen. Seit einigen Jahren engagieren wir uns im Bereich des Tourismus mit den "meditativen Wegen", den "Berggottesdiensten im Fichtelgebirge und Steinwald" und bei der "Kirche im Grünen".

Neben der Zusammenarbeit im Inneren des Dekanatsbezirks erweisen sich auch die Kooperationen nach Außen als überaus effizient und fruchtbar. So bietet das Bad Bernecker Jugendwerk zusammen mit den Jugendwerken in Bayreuth und Thurnau jährlich mehrere Feizeiten und Aktionen für Kinder und Jugendliche an, die dann immer von einem Dekanatsbezirk veranstaltet werden. Ganz ähnlich erfolgreich arbeitet das gemeinsame Bildungswerk für die Dekanate Bad Berneck, Bayreuth und Pegnitz. Und nur weil sich die Dekanatsbezirke Bad Berneck und Thurnau im herzlichen Einvernehmen befinden, hat nicht jeder Bereich nur eine halbe Kirchenmusikerstelle, die je kaum zu besetzen wären, sondern eben gemeinsam eine ganz Stelle. Gemeinsam mit dem Dekanatsbezirk Kulmbach unterhält der Dekanatsbezirk Bad Berneck eine Dorfhelferinnenstation, deren Mitarbeiterinnen bei Krankheitsfällen in der Landwirtschaft segensreich einspringen. Ökumenisch in einem umfassenden Sinn ist die regelmäßige Begegnung des Himmelkroner Männerkreises mit den Männern der Islamischen Gemeinde in Bayreuth. Dabei ist jede Begegnung mit anderen Menschen ein kleiner Mosaikstein auf dem Weg des Friedens vor Ort und in der Welt.

Ganz nahe bei den Menschen, die Hilfe und Pflege brauchen, arbeiten 24 Schwestern im Rahmen der Zentralen Diakoniestation im Dekanatsbezirk für täglich bis zu 150 Patientinnen und Patienten im Bereich der ambulanten Kranken- und Familienpflege nach dem Leitspruch „Aus christlicher Verantwortung und Liebe zum Menschen“. Eine weitere wichtige und weit über den Dekanatsbezirk hinausstrahlende Einrichtung ist die Evangelische Jakob-Ellrod-Ganztagsrealschule in Gefrees, die von der dortigen Erziehungsstiftung getragen wird. Rund 400 Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Region erleben hier einen rhythmisierten Ganztagesunterricht, bei dem der ganze Mensch im Mittelpunkt steht mit Leib, Seele und Geist. Die Himmelkroner Heime der Diakonie Neuendettelsau für Menschen mit Behinderung sind einer der größten Arbeitgeber vor Ort und prägen das Gemeindeleben gerade in Himmelkron nach dem Leitbild: „Gemeinsam Leben gestalten – mit und ohne Behinderung“.

Unser Dekanatsbezirk ist ein lebendiger Organismus, in dem auf vielfältige Weise in Kirche und Diakonie, bei den Kindern bis hin zu den Ältesten, voller Musik und Horizonterweiterung und nahe bei den Fragen und Anliegen der Menschen etwas spürbar wird von der Zusage des Apostels im Epheserbrief: „So seid ihn nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen!“

Unser Dekanatsbezirk Bad Berneck - klein aber voller Möglichkeiten.

 

Dekane an der Stadtkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit in Bad Berneck

  • Georg Leonhardt Arndt - ab 1791 (18.) erster Pfarrer und ab 1810 zugleich (1.) Dekan bis 1825
  • Johann Jakob Jahreis - 1825 bis 1837
  • Georg Kaspar Adler - 1837 bis 1848
  • Johann Georg Wilhelm Förtsch - 1848 bis 1854
  • Johann Bernhard Gademann - 1854 bis 1868
  • Johann Thurn - 1868 (sehr schnell im Dienst verstorben)
  • Anton Josef Wilke - 1869 bis 1874
  • Johann Herath - 1874 bis 1888
  • Johann Bernhard Friedrich Zippelius - 1888 bis 1909
  • Wolfgang Karl Künzel - 1909 bis 1925
  • Gustav Kohler - 1926 bis1939
  • Emil Flurschütz - 1939 bis 1948
  • Ludwig Nicol - 1948 bis 1960
  • Paul Benning - 1960 bis 1965
  • Klaus Diegritz - 1965 bis 1975
  • Klaus Zillich - 1975 bis 1985
  • Manfred Berthold - 1986 bis 2003
  • Hans-Martin Lechner - 2003 bis 2014
  • Thomas Guba - 2015-2020
  • Dr. Manuél Ceglarek - seit 2021

„Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach.“ (Hebräer 13,7)